Goethe – Eine feindliche Übernahme

Mit Parodien und Neu-Interpretationen 

GOETHE gegen den Strich gebürstet

Von und mit

Ursula Zierlinger, Erland Schneck-Holze, Hans-Jürgen Lenhart

mit Christine Hagemann (Klarinette)

Thut ein Schilf sich doch empor, Welten zu versüßen!

Möge meinem Schreibe-Rohr Liebliches entfließen!

J. W. v. Goethe

Ja, ja, Goethes berühmtes Schreibe-Rohr. Da konnte der Hanauer Schriftsteller Hans-Jürgen Lenhart nicht widerstehen. In einem Augenblick, als niemand aufpasste, „entlieh“ er sich des Dichterfürsten Schreibinstrument aus dem Frankfurter Goethe-Haus und probierte es umgehend aus. Wie konnte er nur? Natürlich erging es ihm dabei nicht anders als dem Zauberlehrling aus Goethes wohl bekanntem Gedicht. Die Schreibfeder bekam Macht über Lenhart und veranlasste ihn, Goethes dichterische Werke auf dreiste Weise umzuschreiben, zu parodieren, Entgegnungen zu verfassen, sie in Satiren umzuwandeln, auf aktuelle Anlässe zu beziehen, sie in Dialektform zu biegen oder gar ein Monster daraus entsteigen zu lassen. Schließlich geriet das Ganze völlig außer Kontrolle. Die Texte machten einfach, was sie wollten. Den Goethe’schen Gedichten wurde etwas angedichtet, die Feder erfand ganz neue Wörter, Reime verschoben sich von hinten nach vorne. Welch ein Drama! Ein Glück, dass Meister Goethe dann mal kurz als Geist erschien und die Not des Hanauer Poeten beendete. Was vom Geschreibsel der verhexten Feder übrig blieb, gibt jedoch genug her für einen unterhaltsamen, vergnüglichen Abend.


Erst vor Kurzem traten Lenhart und Hanaus „Schultheater-Papst“ und Kulturpreisträger des Main-Kinzig-Kreises Erland Schneck-Holze gemeinsam mit einem Programm mit Parodien und Bearbeitungen von Friedrich Schillers „Lied von der Glocke“ erfolgreich im Großauheimer Café Art auf. Bei diesem witzigen Abend entstand die Idee, es einmal mit Goethes bekanntesten Gedichten zu versuchen. Dritte im Bunde ist die bekannte Hanauer Literaturexpertin Ursula Zierlinger, die zur Geschichte und Entstehung einzelner Gedichte sowie den parodistischen Methoden Einführungen geben wird. Damit man das jeweilige Gedicht im Vergleich immer gut im Ohr hat, wird Erland Schneck-Holze bei den Goethe-Werken den Originaltext rezitieren und bei den nachfolgenden Bearbeitungen immer den verwendeten Original-Teil vortragen. Er und Zierlinger haben sich einerseits einen Namen mit Klassiker-Rezitationen und Vorträgen dazu gemacht. Das Trio selbst kennt sich aus Kindheit oder Schulzeit schon recht lange, arbeitet hier aber zum ersten Mal künstlerisch zusammen. 

Für musikalische Zwischenspiele sorgt Christine Hagemann an der Klarinette. Der Autor Hans-Jürgen Lenhart wiederum ist bekannt für seine Sprachspielereien und Satiren sowie als Initiator von Lesereihen in Hanau. Sei es Goethes „Faust“ oder das „Heidenröslein“, „Der Zauberlehrling“ oder „Der Fischer“, was die drei in gemeinsamer Arbeit daraus gemacht haben, ist witzig, verblüffend, faszinierend und lässt den alten Meister Goethe völlig neu wahrnehmen. Für Lenhart war es zudem eine innere Verpflichtung, sich jetzt Goethe anzunähern, hat er am gleichen Tag Geburtstag wie er. Na, wer sagt’s denn! Bleibt die Frage: Darf man das, am deutschen Kulturheiligtum Goethe herumdoktern, ihn gar verulken? Lassen wir Goethe selbst antworten:

"Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen.

Ein Werdender wird immer dankbar sein."

Faust I, Vers 182 f.  


Lenhart und Schneck-Holze haben sich ebenfalls Friedrich Schillers "Lied von der Glocke" vorgenommen.